Real World Data –Was ist das und was sind sie wert?

Diese Veranstaltung fand in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien statt

Assoc. Prof. Dr. Markus Zeitlinger, Vizepräsident GPMed Österreich und Vorstand der Univ.-Klinik f. Klin. Pharmakologie an der MUW, begrüßte die Teilnehmer und zeigte den Unterschied zw. klinischer Prüfung und RWD auf, mit dem Hinweis auf den ersten Referenten:

Univ. Prof. Dr. Thomas Berger, MSc, Vorstand der Univ. Klinik für Neurologie an der MUW, führte kurz durch die komplexe Pathophysiologie, Diagnose und Therapie der MS, um die Rahmenbedingungen und die Rationale des MS Registers darzustellen. Das MS Register startete in 2005 als Mono-therapie Register für den Antikörper Natalizumab, mit finanzieller Unterstützung der pharmazeutischen Industrie, jedoch im Eigentum und völliger Autonomie der ÖGN. Seit damals wurden ca. 4.200 österreichische PatientInnen im Register erfasst, und jede neu zugelassene MS Therapie wird dem Register hinzugefügt. Das MS Register zeichnet sich aus durch sehr hohe capture & follow-up Raten sowie Datenqualität, die ohne eine beauftragte CRO nicht erreichbar gewesen wäre. Die Einträge erfolgen in Real-Time, es existiert ein NW-Meldesystem an die Zulassungsinhaber und das MS Register im Sinne des RWD/RWE gibt Auskunft, ob Z.B. die gestellte Indikation mit der SmPC stimmt (Schubrate vor Therapiebeginn) oder auch, ob das NW-Profil konsistent mit Zulassungsstudien ist.

Dr. Stefan Strasser, Abteilungsleiter Klinische Prüfung bei der AGES, stellte in einem Vortrag mehrere Begriffsunterschiede da, wie z.B. zwischen Klinischer Prüfung, Klinischer Studie und einer NIS oder auch der Erhebung von Primär- vs. Sekundärdaten sowie gesetzlichen Implikationen, die das bestimmen bzw. sich daraus ergeben. Des Weiteren erklärte er den wichtigen Unterschied zw. der Datensammlung und Datenauswertung und unterstrich, dass ein „Register“ kein rechtlicher Begriff, trotz der gebräuchlichen Verwendung sowohl auf der akademischen als auch Industrieseite. Dazu passend betonte er, dass off label use nie Routine sein kann – zumindest nach der derzeit gültigen Gesetzeslage – dies jedoch zukünftig v.a. auf europäischer Ebene zu überdenken sein wird. Als Beispiel nannte er die (pädiatrische) Onkologie, wo sehr wohl off-label Therapie im Sinne einer klinischen Routine angewendet wird.

Univ. Doz. Dr. Martin Brunner, Univ.-Klinik f. Klin. Pharmakologie an der MUW, ging in seinem Vortrag zunächst auf die Aufgaben der Ethikkommission, die sich primär aus der Deklaration von Helsinki ergeben, jedoch durch neue Entwicklungen wie das adaptive Studiendesign, vor große Herausforderungen gestellt ist. Eine weitere Herausforderung der Ethikkommission ist die fehlende Harmonisierung bzw. Konsens auf europäischer Ebene, begründet durch fehlende einheitliche gesetzliche Regelungen, wodurch die Nationalstaaten für die Aufgaben der EK bestimmend sind. Um auf zukünftige Entwicklungen, wie auch RWD/RWE gewappnet zu sein, hat die EK bereits begonnen, weitere Experten zu involvieren, wie beispielsweise für Datenschutz, und steht im engen Austausch mit der Behörde.

Priv. Doz. Dr. Johannes Pleiner-Duxneuner, PHC Director bei Roche Austria, stellte in seinem Vortrag die Möglichkeiten, die RWD/RWD bieten, um die Limitationen der klassischen klinischen Prüfungen abzufangen. Als Bespiel dafür nannte er seltene onkologische Erkrankungen, wo es oft eine große Diskrepanz zwischen errechneter Stichprobengröße und weltweiter Inzidenz an Fällen gibt, was eine klinische Prüfung de facto unmöglich macht. RWD/RWE könnte also verwendet werden, um beispielsweise Studien besser planen zu können (sind die benötigten Patienten tatsächlich vorhanden?) oder auch für virtuelle Kontrollgruppen bei FDA/EMA Zulassungen, um z.B. die Unterschiede im Standard of Care zwischen USA und EU auszugleichen. Das zukünftige Potential der RWD Datenbanken liegt sicherlich in ihrer schieren Größe – vorausgesetzt die Qualität stimmt – sowie in der Kombination mit genetischen Datenbanken.

 

Assoc. Prof. Dr. Markus Zeitlinger,  Univ. Prof. Dr. Thomas Berger, MSc, Dr. Stefan Strasser, Priv. Doz. Dr. Johannes Pleiner-Duxneuner, Univ. Doz. Dr. Martin Brunner, Dr. Stephan Moser (von l nach r)

Koordinationszentrum für Klinische Studien, 1090 Wien, Kinderspitalgasse 15
Tel (+43-1)40160 25176, kks@meduniwien.ac.at, http://www.meduniwien.ac.at/kks