Nutzen und Bedeutung klinischer Forschung

Die neue Clinical Trials Regulation und ihre praktischen Auswirkungen  auf die klinische Forschung in Österreich

Die zweite Fortbildungsveranstaltung im Jahr 2017 war der klinischen Forschung in Österreich gewidmet. Dabei wurde die neue demnächst in Kraft tretende Clinical Trial Regulation vorgestellt und deren praktische Auswirkungen auf die klinische Forschung in Österreich diskutiert. Eröffnet wurde die Fortbildungsveranstaltung von Rektor Markus Müller sowie von Vizerektorin für Forschung und Innovation Michaela Fritz. Sowohl Rektor Müller als auch die Vizerektorin betonten in ihrem Eröffnungsstatement die Wichtigkeit der Klinischen Forschung sowohl für den Wirtschaftsstandort Österreich als auch für die Universitäten.

Dr. Stefan Strasser, klinischer Gutachter der Abteilung klinische Prüfungen des BASG/AGES eröffnete die Veranstaltung mit seinem Vortrag unter dem Titel „Die Clinical Trial Regulation im Überblick“. Dr. Strasser erklärte, dass mit der Einführung der EU-weit gültigen Clinical Trial Regulation die Anforderungen für die Genehmigung, Überwachung sowie Offenlegung klinischer Prüfungen gänzlich neu geregelt werden.

Zu den wesentlichsten Innovationen der Clinical Trial Regulation zählt das neue elektronische Einreichportal, über welches in Zukunft die Einreichung aller klinischen Studien durchgeführt werden wird. Durch diesen zentralen Einreichprozess werden getrennte Einreichungen bei Behörde und Ethikkommission zukünftig nicht mehr notwendig sein. Im Zuge einer „single opinion“ soll eine gemeinsame Stellungnahme der Behörde und der Ethikkommission die Antragstellung erleichtern. Diese Harmonisierung wird besonders multinationalen Einreichungen zugutekommen.

Die Clinical Trial Regulation soll zudem sowohl die Transparenz der durchgeführten klinischen Prüfungen als auch deren Resultate sicherstellen. So werden in Zukunft die wichtigsten Ergebnisse klinischer Prüfungen auch in einer laienverständlichen Beschreibung zugänglich sein.

Mag. Claudia Wöhry vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Abteilung für Rechtsangelegenheiten, erläuterte die nötigen gesetzlichen Änderungen für die Umsetzung der Clinical Trial Regulation in Österreich. Mag. Wöhry betonte, dass die EU-Verordnung der Clinical Trial Regulation in nationales Recht umgesetzt werden muss und hier nur wenig Spielraum in der nationalen Gesetzgebung bleibt.

Mögliche nationale Anpassungen sieht Wöhry beispielsweise in
der Definition der besonders schutzbedürftigen Personengruppen nach dem Arzneimittelgesetz, wie beispielsweise Minderjährige oder nicht-urteilsfähige Probanden. Außerdem betont Wöhry, dass das exakte Datum, an dem die Clinical Trial Regulation in Kraft treten wird, noch nicht vollständig klar ist.

Von der Seite der Industrie kam Dr. Wolfgang Bonitz, stellvertretender Vorsitzender des PHARMIG Arbeitskreises Klinische Forschung und Generalsekretär der GPMed Österreich zu Wort. In seinem Vortrag „Spezielle Herausforderungen und Voraussetzungen für die Industrie“ nahm er besonders Bezug darauf, wie die neuen gesetzlichen Regelungen die Industrie gesponserte Forschung in Österreich beeinflussen könnten.

Zu Beginn seines Vortrags betont Bonitz die Wichtigkeit von Industrie gesponserten klinischen Prüfungen für Österreich: Industrie gesponserte Studien sind nicht nur für die Einwerbung von Drittmitteln von Bedeutung, sie geben auch die Möglichkeit zur Erweiterung von Know-how sowie zur Netzwerkbildung führt Bonitz aus.

Nutzen durch klinische Prüfungen sieht Dr. Bonitz auch für die österreichischen PatientInnen. So ermöglichen klinische Prüfungen PatientInnen den Zugang zu Therapien, die sich zwar in klinischer Entwicklung befinden, aber noch nicht zugelassen sind. „Wir haben derzeit die Situation, dass in Österreich zunehmend weniger klinische Prüfungen durchgeführt werden“, bedauert Dr. Bonitz.

Aus der Sicht der Industrie bietet die Clinical Trial Regulation viele neue Chancen. So sei die Harmonisierung der Genehmigungsverfahren besonders für multi-national durchgeführte Studien ein Meilenstein und wird die Durchführung dieser Studien erheblich erleichtern.

Stärken des Standorts Österreichs sieht Dr. Bonitz vor allem im hochqualifizierten Personal, in der überdurchschnittlichen Ausstattung der Spitäler in Österreich sowie in der kurzen Anlaufzeit. Ein wichtiges Ziel der österreichischen Forschungsgemeinschaft muss es daher sein, diese Vorteile zu nutzen, um die Anzahl der klinischen Prüfungen in Österreich zu erhöhen, schließt Dr. Bonitz seine Ausführungen ab.

Im letzten Vortrag des Nachmittags erläuterte Univ. Doz. Dr. Martin Brunner, Vorsitzender der Ethikkommission der Medizinischen Universität Wien noch die Herausforderungen, die speziell für akademische ForscherInnen durch die neue Clinical Trial Regulation entstehen. Brunner sieht hier besonders für nicht-kommerzielle Sponsoren Probleme: Die komplexere Einreichprozedur in einer neuen IT-Umgebung sowie strengere Vorgaben bei den Fristen – beispielsweise zur Beantwortung allfälliger Rückfragen der Behörde und Ethikkommission – werden zu einem höheren Zeitaufwand in der Vorbereitung und Durchführung klinischer Prüfungen führen. Zudem ist aus Sicht Brunners die Frage der Vergebührung noch nicht ausreichend geklärt. Abschließend skizziert Brunner an einem Beispiel, wie das elektronische Einreichsystem in der Praxis aus heutiger Sicht aussehen wird.