Biologicals – Vom Originator zum Biosimilar

Diese Veranstaltung fand in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien statt

Biologicals – Vom Originator zum Biosimilar

Am 27. September 2018 fand in Zusammenarbeit der GPMed mit der MedUni Wien eine Veranstaltung zum Thema Biologicals – Vom Originator zum Biosimilar“ statt. Eingeladen waren dem bewährten Format unserer Veranstaltungstradition folgend mehrere Sprecher, um dieses Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und die abschließende Podiumsdiskussion zu inspirieren.

Assoc. Prof. Dr. Christopher Schuster von der Universitätsklinik für Dermatologie, Medizinische Universität Wien, eröffnete das Thema aus dem Blickwinkel der Anwendung von Biologicals in der klinischen Praxis. Gerade bei der Therapie der Psoriasis hat die Entwicklung von Biologika die Behandlungsmöglichkeiten enorm erweitert. Als Autoimmunerkrankung zeigt die Psoriasis sehr heterogene Erscheinungsbilder, die eine individualisierte Therapiewahl erfordern. Mit derzeit ca. zehn verschiedenen zugelassenen Biologika sehen sich die Ärzte einer riesigen Datenmenge gegenüber, wobei die Zulassungsstudien mit Langzeit- und Re-treatment-Studien sowie Real-World- und Registerdaten ergänzt werden. Und trotzdem ist weiterhin unklar, warum manche Patienten gar kein Ansprechen zeigen (sog. Primärversagen) und warum bei anderen nach anfänglichem Erfolg die Wirkung nachlässt – das durchschnittlich Drug Survival liegt bei ca. drei Jahren. Derzeit empfehlen die Guidelines einen Start mit Biologika erst nach Versagen sog. Basistherapeutika, jedoch gibt es Hinweise, dass die Prognose bei Neuerkrankungen besser ist, wenn initial gleich mit Biologika gestartet wird. Andererseits wird diskutiert, ob bei Symptomfreiheit die Behandlung unterbrochen werden kann – um ein Overtreatment und ggf. assoziierte Nebenwirkungen zu vermeiden. Biosimilars zeigen nach bisherigen Erfahrungen keinen Unterschied bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit oder Drug Survival und auch ein Switch erscheint problemlos möglich. Insofern sind Biosimilars aus ökonomischer Sicht relevant, erweitern aber nicht die Therapieoptionen, da sie ja keine neuen Wirkstoffe darstellen. Insgesamt sind heutzutage gerade die mittelschwere und schwere Psoriasis gut behandelbar, auch die Pipeline ist hier gut gefüllt – nach wie vor Bedarf besteht an wirksamen Behandlungsoptionen für die leichteren Formen.

Dr. Martin Schiestl, Chief Scientific Officer, Sandoz, gab mit seinem Vortrag einen Einblick in die Thematik Zulassung und Entwicklung von Biosimilars. Zunächst stellte er klar, dass es sich bei dem Ausdruck Biosimilar um einen regulatorischen Begriff handelt: Ein Biosimilar ist ein Biologikum, das hinsichtlich Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit mit dem Originator vergleichbar ist – und sein muss! Es darf keinerlei klinisch relevante Unterschiede geben, und genau das ist die Zielsetzung bei der Entwicklung eines Biosimilar. Heutzutage sind die analytischen Methoden so hochentwickelt, dass die entsprechend erforderlichen „Gleichheits-Nachweise“ bis ins letzte Detail erbracht können. Der Schwerpunkt der zur Zulassung erforderlichen Daten liegt demzufolge in der Analytik und im Nachweis von Qualität, Potenz und Reinheit. Klinische Daten sind demgegenüber nur in einem geringeren Ausmaß erforderlich – primär in der Indikation, bei der die Endpunkte besonders empfindlich auf Unterschiede reagieren. Insofern lässt sich auch die Extrapolation verstehen: Das Grundprinzip bei der Entwicklung eines Biosimilar ist die „Gleichheit“ gegenüber dem Originator. Somit ist es für ein Biosimilar nicht notwendig, die klinische Wirksamkeit bei verschiedenen Indikationen erneut zu beweisen, sondern diese Wirksamkeit kann als gegeben vorausgesetzt werden – eben auf Basis der Tatsache, dass ein Biosimilar so entwickelt werden muss, dass keine klinische relevanten Unterschiede zum Originator auftreten dürfen. Dies umfasst auch Aspekte wie Immunogenität sowie Variabilität des Originators – all das muss bei der Herstellung des Biosimilars berücksichtigt werden, potenzielle Unterschiede schon im Vorfeld eliminiert werden.

Mag. Dr. Gunar Stemer, MBA, Anstaltsapotheke AKH Wien, widmete sich dem Biosimilar-Switching mit einem Faktencheck. Auch er begann mit einigen Definitionen, die für ein korrektes Verständnis unabdingbar sind. So handelt es sich bei der Umstellung, dem Switch, um einen ärztlich initiierten Schritt. Davon klar zu unterscheiden ist die – in Österreich verbotene! –  Substitution, ein automatischer Prozess, bei dem ohne Wissen des Arztes ein „äquivalentes“ Arzneimittel in der Apotheke abgegeben wird. Um die Patienten-Compliance nicht zu gefährden, sollte vor einem Switch immer eine entsprechende Aufklärung des Patienten durch den Arzt erfolgen. Ein Switch sollte nur in beiderseitigem Einverständnis, mit Einwilligung des Patienten, stattfinden. Insofern ist hier auch der zu erwartende (ökonomische) Nutzen einer Umstellung dem ggf. erforderlichen Zusatzaufwand gegenüberzustellen. Bei Beachtung dieser Voraussetzungen sollte ein Switch aus klinischer Sicht problemlos durchführbar sein. Basierend auf dem Biosimilar-Konzept – Nachweis der „Gleichheit“ – sowie den bereits vorliegenden Erfahrungen aus der Praxis erscheinen spezifische Switch-Studien als nicht notwendig. Auch hinsichtlich Immunogenität sind keine klinisch relevanten Unterschiede zu erwarten. Dennoch ist im Sinne der Pharmakovigilanz eine exakte Nachvollziehbarkeit der jeweiligen Verordnung (Produkt und Charge) dringend anzuraten. Und auch Preisunterschiede dürfen nicht dazu führen, die Verschreibungsautonomie durch ökonomischen Druck zu konterkarieren.

Dr. Simon Keuerleber, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, widmete sich dem Thema Biosimilars aus Sicht der Sozialversicherungen. Nach einer Einführung zu den Prinzipien des Erstattungskodex (EKO) sowie der verpflichtenden Preisgestaltung bei Biosimilars wurde die derzeitige Situation beleuchtet. In Österreich sind Biosimilars derzeit zu sechs verschiedenen Originatoren im EKO gelistet: von Wachstumshormon über Erythropoetin bis zu TNF-Inhibitoren und Heparin. Die Durchdringung ist in den verschiedenen Kategorien sehr unterschiedlich, auch im Europavergleich zeigen sich deutliche Unterschiede. Insgesamt lässt sich beobachten, dass Biosimilars inzwischen deutlich rascher Marktanteile gewinnen (gemessen an Days of Treatment) als noch vor einigen Jahren. Generell sollte das Potential der Biosimilars als Beitrag zur Kostendämpfung genutzt werden – inklusive Beachtung der Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise bereits im Spital, um mehr Budget zur Finanzierung innovativer Therapien bereitstellen zu können.

 

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