Anwendung von Arzneimitteln außerhalb der Zulassung, wann ist was erlaubt?

Donnerstag, 27. März 2025, 15:00 Uhr
AKH Hörsaalzentrum, Hörsaal 1
Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien

Univ.-Prof. Dr. Markus Zeitlinger, Vizepräsident der GPMed, eröffnete am 27. März 2025 im Hörsaalzentrum des AKH Wien die Fortbildungsveranstaltung zum Thema „Anwendung von Arzneimitteln außerhalb der Zulassung – wann ist was erlaubt?“. Die Veranstaltung zog zahlreiche Mitglieder der GPMed, Mitarbeitende des AKH Wien, der Medizinischen Universität Wien, der AGES sowie weitere Teilnehmer aus der klinischen Forschung an. Namhafte Referenten, darunter Mag. Daniel D’Orlando vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, sowie Dr. Corina Spreitzer vom Institut zur Überwachung der AGES MEA, beleuchteten zentrale Aspekte der Arzneimittelzulassung, Compassionate Use Programme (CUP) und individuelle Heilversuche.

Prof. Gabriela Kornek und Mag.pharm Martina Anditsch vom Universitätsklinikum AKH Wien gaben zudem Einblicke in die praktischen Ansätze für Off-Label-Use und Heilversuche. Die Nachlese fasst die wesentlichen Inhalte der Vorträge zusammen und bietet einen kompakten Überblick über die rechtlichen und praktischen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Arzneimitteln in speziellen medizinischen Situationen.

Die Bedeutung der Arzneimittelzulassung für die ärztliche Anwendung

Mag. Daniel D’Orlando vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erläuterte in seinem Vortrag die verschiedenen Möglichkeiten der ärztlichen Anwendung von Arzneimitteln im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen. Das Arzneimittelrecht reguliert den gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels durch strenge Produktvorschriften und umfasst unionsrechtliche und nationale Gesetze wie die Verordnung (EG) 726/2004 und das Arzneimittelgesetz (AMG). Eine Zulassung durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) ist erforderlich, um Arzneimittel in Verkehr zu bringen und abzugeben.

Ausnahmen von der Zulassungspflicht gibt es jedoch, darunter klinische Prüfungen, Importregelungen nach AWEG, Named Patient Use (NPU), Compassionate Use Programme (CUP) und Rezepturvorrat. Diese Ausnahmen ermöglichen die Behandlung einzelner Patienten mit nicht zugelassenen Arzneimitteln unter bestimmten Bedingungen, wobei der behandelnde Arzt die Verantwortung trägt und für NPU keine behördliche Bewilligung erforderlich ist. CUP erlaubt zudem die Nutzung von Arzneimitteln vor deren Zulassung für schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankungen.

Off-Label-Anwendung beschreibt die Verschreibung von Arzneimitteln außerhalb der zugelassenen Indikationen. Diese Praxis ist im AMG weder verboten noch eingeschränkt und muss dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen. Ärzte tragen dabei erweiterte Aufklärungspflichten und haftungsrechtliche Verantwortung.

Der Vortrag betonte, wie wichtig die Arzneimittelzulassung für die Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten ist und hob die rechtlich geregelten Ausnahmen hervor, die flexible und patientenorientierte Versorgung ermöglichen.

 

CUP in Österreich – Antrag, Verfahren und Life Cycle

Dr. Corina Spreitzer vom Institut zur Überwachung der AGES MEA erläuterte die Prozesse und Rechtsgrundlagen für Compassionate Use Programme (CUP) in Österreich. Diese Programme erlauben die Anwendung von Arzneimitteln ohne Zulassung gemäß Artikel 83 der Verordnung 726/2004/EG und § 8a AMG, um schwererkrankten Patienten, die keine zufriedenstellende Behandlung durch zugelassene Arzneimittel haben, Zugang zu ermöglichen.

Ein CUP-Antrag kann von Herstellern oder Antragstellern einer Zulassung gestellt werden. Der Antrag umfasst Behandlungsprotokolle, Patienteninformationen und Einverständniserklärungen. Der Genehmigungsprozess umfasst die Validierung, fachliche Begutachtung, Bescheiderstellung und Veröffentlichung. Die EMA wird ebenfalls über CUP-Genehmigungen informiert.

Der Vortrag hob hervor, dass CUPs die Versorgung von Patienten ohne alternative Therapieoptionen ermöglichen und die Einfuhr von Arzneimitteln erleichtern. Die Kommunikation zu Änderungen, Sicherheitsbedenken und Programmstatus erfolgt über die Email-Adresse compassionate-use@basg.gv.at.

 

Individuelle Heilversuche, Off-Label-Use & Co im Universitätsklinikum AKH Wien – Abgrenzung, Genehmigung und administrative Hürden

Univ.-Prof. Dr. Gabriela Kornek, Ärztliche Direktorin AKH Wien und Mag.pharm Martina Anditsch, Apothekenleitung Universitätsklinikum AKH Wien erläuterten die Regularien und praktischen Ansätze für individuelle Heilversuche und Off-Label-Use am Universitätsklinikum AKH Wien. Ein Heilversuch (Named Patient Use) ist die Behandlung eines einzelnen Patienten mit nicht zugelassenen Arzneimitteln, wenn andere Maßnahmen unwirksam waren, und erfordert keine behördliche Bewilligung, sondern erfolgt unter ärztlicher Eigenverantwortung.

Off-Label Use als spezielle Form des Compassionate Use erlaubt die Anwendung zugelassener Arzneimittel außerhalb ihrer genehmigten Indikationen und basiert auf Artikel 83 der Verordnung 726/2004/EG.

Im Universitätsklinikum AKH Wien wurde ein Bewilligungsprozess für Heilversuche und Off-Label Einsatz im AKH etabliert. Ziel des Prozesses ist es bestmögliche Outcomes für Patient:innen unter Berücksichtigung ökonomischer Aspekte zu ermöglichen. Weiters werden mit dem Prozess Definition und Evaluierung der Kennzahlen für ein möglichen Therapieansprechens konkretisiert. Ein Antrag kann gestellt werden für Produkte im Hochpreissegment, erstmaliger Einsatz im AKH, Off-label Einsatz oder bei individuellem Heilversuch (NPP) entlang definierter Vorgaben des Gremiums Evidenzbasierte Behandlungsmethoden (GED) im WIGEV (INA, Onepager notwendig).

Im AKH Wien werden solche Anträge zentral genehmigt. Das Tumorboard bzw. Precision Medicine Board bewertet die medizinische und therapeutische Notwendigkeit von Named Patient Use oder off-label Use. Dabei können auch PROMs (Patient reported outcome measures) definiert und erfasst werden. Die Evaluierung des Therapieansprechens erfolgt nach 3 bis 6 Monaten durch ärztliche Untersuchungen und Dokumentationen.

Fallbeispiele in den Indikationen Speicheldrüsenkrebs, HIV, Organtransplantationen und Zervixkarzinom illustrierten die Anwendung von Heilversuchen und Off-Label-Use im AKH Wien. Diese Beispiele zeigten die Bedeutung dieser Ansätze für die bestmögliche Patientenversorgung unter Berücksichtigung ökonomischer Aspekte.

Zusammenfassung: Die GPMed Fortbildungsveranstaltung am 27. März 2025 bot fundierte und praxisnahe Einblicke in die Regelungen und Möglichkeiten der Anwendung von Arzneimitteln außerhalb der klassischen Zulassung. Die Vorträge verdeutlichten die Bedeutung der Arzneimittelzulassung als Sicherheitsgarant für Patienten, während gleichzeitig die Notwendigkeit und Bedeutung der Ausnahmeregelungen wie Named Patient Use, Compassionate Use Programme und Off-Label-Use hervorgehoben wurden. Durch diese Ausnahmen können Ärzte flexibel auf individuelle Patientenbedürfnisse reagieren, insbesondere bei schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen. Die praxisnahen Beispiele aus dem Universitätsklinikum AKH Wien illustrierten eindrucksvoll, wie diese Regelungen im klinischen Alltag umgesetzt werden. Insgesamt betonte die Veranstaltung die Balance zwischen regulatorischen Anforderungen und der notwendigen Flexibilität in der medizinischen Behandlung, um den bestmöglichen therapeutischen Outcome für Patienten zu gewährleisten.

 

Die Inhalte wurden mit Hilfe von ChatGPT40 zusammengefasst. Das GPMed Redaktionsteam hat die von ChatGPT generierte Zusammenfassung nach deren Richtigkeit überprüft und trägt die letzte Verantwortung.

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